Mein halbes Jahr mit ChatGPT: Wie generative KI das Schreiben verändert

Vor etwas mehr als einem halben Jahr wurde ChatGPT der Öffentlichkeit zugänglich. Mein kurzes Fazit aus der Schreibstube.
ChatGPT: Wie generative KI das Schreiben verändert

Der grösste Onlinehändler mit dem Quasi-Monopol für Bücher hat im Geheimen in KI-Autorschaft investiert. Damit sollen sich entsprechend der Suchbegriffe Bücher generieren lassen. Das Genre von KI-generierten Büchern ist noch nicht allzu gross, aber bereits existent. In Hollywood hoffen die Studios generative KI als Streikbrecher zu nutzen, um die Qualität der Drehbücher trotz Streik der Autor:innen zu gewährleisten. In Vergangenheit waren nach solchen Streiks einfach ein Jahr später die Filme schlechter – wer erinnert sich an A Quantum of Solace? Ist GPT die Rettung für gute Schreibe?

Schreiben mit KI?

Die Euphorie und das Erstaunen war gross, als Ende letztes Jahr die erste Version von ChatGPT zugänglich wurde. Bekannterweise vergingen weniger als 2 Monate bis 100 Millionen User:innen sich mit der generativen KI unterhielten.

Die Begegnung mit der generativen KI in drei Akten: Verblüffung, Begeisterung, Ernüchterung

Nach der relativ steilen Lernkurve und dem Selbststudium in der Prompt-Wissenschaft, folgte die Ernüchterung – als Copywriter aber natürlich auch ein wenig Erleichterung: ChatGPT kann zwar vieles, aber nicht alles. Nicht dazu gehört, auf hohem Niveau Texte schreiben. Das haben auch andere so festgestellt. Heisst das, ich nutze keine generative KI (mehr)? Im Gegenteil. Die Stärke der aktuellen Version von GPT und den daraus entwickelten Tools liegt nicht unbedingt im Schreiben von hochwertigen Texten, sondern in der Unterstützung, um solche Texte zu schreiben.

Denn wie es bereits zu Beginn des ChatGPT-Hypes hiess: AI will not replace you, but a person using AI will. Mehr als ein Quäntchen Wahrheit liegt in diesem Satz.

Schreiben mit KI!

Machine Learning gibt es ja schon länger. In Tools für die Schreibunterstützung, der Planung von Online-Werbung oder die Algorithmen auf Social Media, alles gab es schon vorher. Auch sprachbasierte KI gab es schon. Was neu mit GPT ist, sind die Large Language Models – und damit das Sprachverständnis bzw. die generative Funktion der KI. Damit kann sie plötzlich schreiben und sprechen, wie wir. Meinen wir zumindest.

Denn nur weil jemand mit uns sprechen kann, sagt das noch nichts dazu aus, wie schlau oder richtig das ist, was die Person sagt. Bei ChatGPT liegt es daran, dass mit Machine Learning mit riesigen Daten gespiesen wurde und nun bei jedem Prompt – in Deutsch auch als Impuls bezeichnet – berechnet wird, was die wahrscheinlichste Antwort ist. Meist eloquent, oft richtig – aber nicht immer. Halluzinieren heisst das Phänomen, wenn die KI irgendwas erzählt, wenn es sein muss, gelogen – aber eben eloquent und nicht richtig. Als Texter ist es aber meine Verantwortung, die Richtigkeit zu garantieren. Insbesondere im Detail oft eine Heidenarbeit und aufwändiger als selbst zu recherchieren.

Was aber die KI grossartig kann, ist mich bei der Rechtschreibung und Übersetzung zu unterstützen oder aus einem bestehenden Text gschwind eine Aufzählung zu machen, Ideen-Listen zu verlängern, ein Text zusammenfassen, etc. Mit generativer KI muss man zudem nie auf dem weissen Papier anfangen – das hilft bei Schreibblockaden. Und wer den Auftrag hat viele nicht sehr qualifizierte Texte im gleichen Stil und gleicher Länge zu schreiben (typischerweise Produkt-Texte für Online-Shops) und auf das gewisse Etwas verzichten kann – ChatGPT & Co. helfen gerne weiter.

Plugins, Assistent:innen und Copilots

Microsoft hat es schon gross angekündigt, für andere Plattformen gibt es bereits erste solche Tools. Die Rede ist von allgemeiner Integration von GPT-Technologie in die Betriebssysteme bzw. über die einzelnen Anwendungen hinaus. In Zukunft soll damit die Eingabe-Maske das primäre Mittel werden, um den Geräten Befehle zu erteilen. Ob dann damit eine Vielzahl der neuen Apps zur Makulatur werden, wird sich zeigen. Aber wer wünscht sich nicht, dass Siri Texte gegenliest, einen Geschäftsbrief aufsetzt, die E-Mails beantwortet, aus einem Word eine brauchbare PowerPoint erstellt, Termine im Kalender erledigt oder bei der Recherche in den lokalen Daten oder im Web hilft. Die Wünsche sind da, ob sie dann in der Praxis wirklich in Erfüllung gehen die andere Frage.

Mit dem Namen Copilot hat Microsoft oder wie Github schon vor ein paar Monaten den Nagel auf den Kopf getroffen, noch mehr als Assistenz ist das Cockpit die Metapher, die den Menschen in der Pilotenrolle sieht – zumindest jetzt noch.

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Adrian Hanselmann

Senior Copywriter & Strategist

Text-Produzent, Konzept-Entwickler und Ideen-Lieferant. Der gebürtige Agentürler mit Kunst-Hintergrund ist überzeugt, dass Content von (Kund:innen-)Zufriedenheit kommt und Pointillismus etwas damit zu tun hat.